Peter Weiss-Retrospektive in Bologna
Bei der 36. Ausgabe des „Il Cinema Ritrovato“-Filmfestivals (dt.: „Das wiederentdeckte Kino“; Bologna, 25. Juni bis 3. Juli 2022), dem weltweit bedeutendsten Festival für Filmrestaurierung, wurde eine Retrospektive digital restaurierter Peter Weiss-Filme dargeboten. Neben Weiss‘ experimentellen Kurzfilmen Studie I – Uppvaknandet (1952), Studie II – Hallucinationer (1952), Studie III (1953), Ansikten i skugga (1956), Ingenting ovanligt (1957), Studie IV – Frigörelse (1955), Studie V – Växelspel (1955), Ateljéinteriör (The Studio of Dr Faust, 1956) sowie Enligt lag (1958), die das Svenska Filminstitutet bereitstellte, nahm Kurator Jon Wengström auch den abendfüllenden Film Hägringen in das Programm auf.
Wengström zufolge stellen Weiss‘ experimentelle Kurzfilme den „menschlichen Körper und sein Befinden mit reicher visueller Poesie dar, während seine ausgezeichneten Dokumentarfilme ein großartiges Zeugnis von Weiss‘ Liebe zum Detail und seiner Fähigkeit sind, selbst unter den schwierigsten Umständen menschliche Würde zu finden.“
Nähere Informationen
Erasmus Schöfer †
Die Internationale Peter Weiss-Gesellschaft nimmt traurig die Nachricht vom Ableben ihres Mitglieds Erasmus Schöfer (4. Juni 1931—7. Juni 2022) zur Kenntnis.
Schöfer machte sich 1969 als Mitgründer des «Werkkreises Literatur und Arbeitswelt» einen Namen. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die in der Nachfolge von Peter Weiss' «Ästhetik des Widerstands» konzipierte Roman-Tetralogie «Die Kinder des Sisyfos» (Bd. 1: «Ein Frühling irrer Hoffnung», 2001; Bd. 2: «Zwielicht», 2004; Bd. 3: «Sonnenflucht», 2005; Bd. 4: «Winterdämmerung», 2008), mit der Schöfer den linken Bewegungen 1968—1989 in der alten Bundesrepublik Deutschland ein Denkmal setzen wollte. Ausführlich wurde die Tetralogie im «Peter Weiss Jahrbuch für Literatur, Kunst und Politik im 20. und 21. Jahrhundert» (Bd. 14, 2005, S. 157—182: über die Bände 1 und 2; Bd. 15, 2006, S. 153—170: über Band 3; Bd. 18, 2009, S. 35—61: über Band 4) gewürdigt.
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Werner Jung: Zeitabschnitte aus der Zeit selbst heraus sichtbar machen – ein Nachruf auf Erasmus Schöfer
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Die Widerständigkeit der Erinnerung. Aus dem Werk von Peter Weiss
Die IPWG zu Gast bei dem 22. internationalen literaturfestival berlin (ilb), Sektion Erinnerung, sprich
Freitag, 16. September 2022, 19.30 Uhr, Ort: Haus der Berliner Festspiele, Schaperstraße 24, 10719 Berlin
Peter Weiss (1916-1982) war einer der profiliertesten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Ein wichtiges Thema in seinem Oeuvre ist die persönliche und gesellschaftliche Erinnerung. Es werden Auszüge aus seinen Romanen «Der Schatten des Körpers des Kutschers», «Fluchtpunkt» und «Die Ästhetik des Widerstands» vorgestellt durch Mitglieder der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft.
Es liest die Schauspielerin und Sprecherin Nina West (Berlin).
Im Vorfeld der Veranstaltung wird am 16. September 2022, 18.00 Uhr, am selben Ort zunächst Gunilla Palmstierna-Weiss im Rahmen einer weiteren Lesung ihre Autobiographie „Eine europäische Frau“ vorstellen.


Peter Weiss, Foto von Volker Krämer, © IPWG; Nina West, Foto von Nadja Klier, © Nadja Klier
Nähere Angaben zur Lesung von Gunilla Palmstierna-Weiss und zur Veranstaltung der IPWG
Darüber hinaus wird im Rahmen des ilb 2022 am Sonntag, 11. September 2022, 12:00 Uhr, Peter Brook‘s Filmadaption von Weiss‘ Marat/Sade von 1967 zu sehen sein.
In memoriam Friedrich Christian Delius
Auf einer Veranstaltung der IPWG zur Leipziger Buchmesse 2010 erläuterte F. C. Delius seine Position bei der Behandlung politischer und gesellschaftlicher Themen. Nicht als „politischer Autor” wollte er verstanden werden, sondern als politisch engagierter Zeitgenosse, der Literatur produziert.
Romane und Erzählungen wie „Mogadischu Fensterplatz“, „Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus“, „Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde“ oder „Bildnis der Mutter als junge Frau“ verknüpfen prägende politische Ereignisse (nationalsozialistische Vergangenheit, Studentenbewegung, Aktivitäten der RAF, deutsche Teilung und Wiedervereinigung) mit der eigenen Lebensgeschichte.
Wie Peter Weiss, mit dessen Werk er bestens vertraut war, griff auch Delius zeitgeschichtliche Themen auf, verzichtete aber auf die Vermittlung fertiger Lösungen. Sein umfangreiches literarisches Werk fügt sich zu einem Kompendium deutscher Nachkriegs-(Kultur-)Geschichte, das nicht einfach Fakten illustriert, sondern in rhythmischer und formbewusster Sprache sensibilisiert für die Innenseiten von Politik und Historie.
Am 30. Mai 2022 ist Friedrich Christian Delius in Berlin im Alter von 79 Jahren gestorben.
Dr. Rüdiger Sareika
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Hannes Krauss: Nachruf auf Friedrich Christian Delius (* 13. Februar 1943 in Rom; † 30. Mai 2022 in Berlin)
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