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Hinweise 2007

Peter Weiss-Filme

Am 3./4. Dezember 2007 wurden im Kino Arsenal in Berlin einige Filme von Peter Weiss gezeigt, die mit schwedischen und internationalen Avantgardefilmen der 1930-50er Jahre in Verbindung gesetzt werden.

Die Poesie des Unbewußten Peter Weiss und der Avantgardefilm

Peter Weiss ist heute vor allem als Schriftsteller und Bühnenautor bekannt, dessen Roman "Die Ästhetik der Widerstands" (1975-81) zu den herausragenden Werken der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts zählt. Doch Weiss hat nicht nur als vom Surrealismus inspirierter Maler begonnen, in einer intensiven, fast 10jährigen Phase seines Schaffens beschäftigte er sich maßgeblich mit Film. Zwischen 1952 und 1961 produzierte Weiss insgesamt 18 Filme und Filmfragmente, die in enger thematischer Verbindung zu seinem frühen malerischen und ab 1960 international erfolgreichen literarischen Werk stehen.
Als Sohn jüdischer Eltern bei Berlin aufgewachsen, emigrierte Peter Weiss Mitte der 1930er Jahre über Prag und London nach Stockholm, wo er neben der Malerei auf Schwedisch zu schreiben versuchte. Gefühle der Unzugehörigkeit, Selbstzweifel und die existentielle Unsicherheit des Lebens im Exil prägten Weiss' künstlerische Arbeit, die sich alsbald den Ausdrucksmöglichkeiten bewegter Bilder öffnete. 1952 schloß er sich dem Svensk Experimentfilmstudio an (ab 1954 Arbetsgruppen för Film), einer Gruppe von Intellektuellen, die unabhängige Filme produzierten und in deren Kontext er seine ersten surrealistischen Filmexperimente, die STUDIEN I-IV (1952-54), realisieren konnte. Ab Mitte der 1950er Jahre widmete sich Peter Weiss zunehmend dokumentarischen Projekten, die in einigen Fällen als Auftragsproduktionen entstanden. Dieser Wandel von der psychoanalytischen Introspektive zum Blick auf die äußere Wirklichkeit und ihre sozialen Konflikte nimmt Weiss' Politisierung in den 1960er Jahren vorweg. Sein filmisches Hauptwerk HÄGRINGEN von 1959 verbindet in der Geschichte eines jungen Mannes, der auf das Inferno der modernen Stadt trifft, sowohl den surrealistischen als auch den dokumentarisch-gesellschaftlichen Ansatz.
Parallel zur eigenen filmischen Arbeit setzte sich Peter Weiss auch theoretisch mit der Filmkunst auseinander, seine Reflexionen fanden in dem 1956 auf Schwedisch veröffentlichten Buch "Avantgardefilm" ihren Höhepunkt, eine der ersten Abhandlungen ihrer Art. Durch die Analyse einer subjektiven Auswahl von Filmen – beginnend bei Méliès und Gance, über Eisenstein und die Avantgarde der 1920er Jahre bis zum amerikanischen, französischen und schwedischen Experimentalfilm der Nachkriegszeit – beschreibt Peter Weiss die poetische Kraft des Mediums und dessen Möglichkeiten, neue visuelle und akustische Welten zu entdecken.
Weiss' Todestag am 10. Mai 1982 jährte sich 2007 zum 25sten Mal. Dies ist für das Kino Arsenal der Anlass, seinen Filmen und ihren Inspirationsquellen sowie seinen frühen Auseinandersetzungen mit der Geschichte des experimentellen Films eine dreiteilige, von Florian Wüst kuratierte Reihe zu widmen.
Das erste Kurzfilmprogramm kombiniert STUDIE II (HALLUCINATIONER) (1952) und STUDIE IV (FRIGÖRELSE) (1954) mit zeitnahen schwedischen und amerikanischen Experimentalfilmen, die sich in ähnlicher Weise räumlicher Anachronismen, bildnerischer Deformationen und surrealer Symboliken bedienen, um innere Gefühle, Einsamkeit und Zerrissenheit darzustellen oder soziale Rituale zu unterwandern: DE VITA HÄNDERNA (Rut Hillarp, 1950), AT LAND (Maya Deren, 1944), SYCADORA (Eivor Burbeck, 1951), THE LEAD SHOES (Sidney Peterson, 1949). (3.12.)
Gösta Werners MIDVINTERBLOT (1945) gilt als erster experimenteller Kurzfilm des schwedischen Kinos. Das düster-dramatische Porträt eines nordischen Menschenopfers im Bronzezeitalter eröffnet das zweite Kurzfilmprogramm der Reihe, das das Thema unbewußer Traumzustände, verdrängter Triebhaftigkeit und gesellschaftlicher Repression um Terror und Faszination von Gewalt erweitert. Neben STUDIE I (SE 1952) und ENLIGT LAG (IM NAMEN DES GESETZES) (SE 1957), in dem Peter Weiss und Hans Nordenström den Alltag in einem Jugendgefängnis in Uppsala dokumentieren, zeigen wir Luis Buñuels Klassiker des Avantgardefilms, UN CHIEN ANDALOU (FR 1928), und Kenneth Angers FIREWORKS (USA 1947). (3.12.)
Weiss' erster Spielfilm, HÄGRINGEN (SE 1959), basiert auf der Erzählung "Dokument I", die er zehn Jahre zuvor im Eigenverlag veröffentlicht hatte: ein junger Mann irrt durch die industrielle Großstadt, deren aggressive und abweisende Dynamik sich in einer Vielzahl von Begegnungen und absurden Impressionen offenbart. Mit seiner atmosphärischen Dichte und bedachten Einstellungen erinnert der Film in besonderer Weise an das alte Stockholm vor den großen stadtplanerischen Modernisierungsmaßnahmen der 1950-70er Jahre. (4.12.)
Kuratiert von Florian Wüst. Mit freundlicher Unterstützung durch die Schwedische Botschaft, Berlin.

PROGRAMM
Montag, 3. Dezember 2007, 19.00 Uhr
De vita händerna, Rut Hillarp, SE, 16mm, 1950, 13'
At Land, Maya Deren, USA, 16mm, 1944, 15'
Studie II (Hallucinationer), Peter Weiss, SE, 16mm, 1952 , 6'
Sycadora, Eivor Burbeck, SE, 16mm, 1951, 5'
The lead shoes, Sidney Peterson, USA, 16mm, 1949, 17'
Studie IV (Frigörelse), Peter Weiss, SE, 16mm, 1954, 9'
Montag, 3. Dezember 2007, 21.00 Uhr
Midvinterblot, Gösta Werner, SE, 16mm, 1945, 12'
Studie I, Peter Weiss, SE, 16mm, 1952, 6'
Fireworks, Kenneth Anger, USA, 16mm, 1947, 14'
Un Chien Andalou, Luis Buñuel, FR, 16mm, 1928, 18'
Enligt lag, Peter Weiss & Hans Nordenström, SE, 16mm, 1957, 18'
Dienstag, 4. Dezember 2007, 21.00 Uhr
Hägringen, Peter Weiss, SE, 16mm, 1959, 81'
Kino Arsenal
Freunde der Deutschen Kinemathek e.V.
Potsdamer Str. 2
10785 Berlin
tel 030-26955-100

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Dwars-Lesung

Jens-Fietje Dwars liest am 29. November 2007 im Museum Bochum aus seinem 2007 erschienenen Buch "Und dennoch Hoffnung. Peter Weiss. Eine Biographie".
Dazu wird ein vom Autor gedrehter Dokumentarfilm zu dieser Biografie aufgeführt.

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DER BRIEFWECHSEL ZWISCHEN PETER WEISS UND SIEGFRIED UNSELD

Buchpremiere und Matinee mit dialogischer Lesung
Die IPWG lädt ein in die Peter-Weiss-Bibliothek in Berlin-Hellersdorf (Hellersdorfer Promenade 24, 12627 Berlin), am Sonntag, dem 18. November 2007, 10:30 bis 12:00 Uhr.
Der Briefwechsel wird vorgestellt von dem Herausgeber Rainer Gerlach. Aus dem Briefwechsel lesen Nina West und Yannick Müllender.
Einladung zur Jahresmitgliederversammlung der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft am 18. November 2007 in der Peter-Weiss-Bibliothek Berlin-Hellersdorf (Hellersdorfer Promenade 24, 12627 Berlin), 12.30 bis 14.00 Uhr.
Als Tagesordnung schlage ich vor:
1. Feststellung der Tagesordnung
2. Bericht des Vorsitzenden
3. Bericht des Schatzmeisters
4. Planungen für die Jahre 2008 und 2009
5. Ehrenmitgliedschaft Youssri Khamis
6. Die Notizblätter
7. Verschiedenes
Die Mitgliederversammlung ist öffentlich.
Gez. Arnd Beise (Vorsitzender)

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ANKÜNDIGUNG

Dwars-Lesungen
1. November 2007: Veranstaltung mit Herrn J.-F. Dwars im Brechthaus, Berlin
8. November 2007: Veranstaltung mit Dwars im Literaturhaus, Frankfurt a.M.

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Marat/Sade-Inszenierung am theaterlabor Bremen

Am 17. August 2007 hatte eine Inszenierung von Marat/Sade am theaterlabor bremen Premiere. Regie führte Isabel Osthues. Nähere Informationen

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Peter Weiss-Filme in München

Das Filmmuseum München zeigte am 27.-29. April 2007, jeweils um 18.30 Uhr Peter Weiss – Filme I-III.

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Edition der Notizbücher auf DVD

Das Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Peter Weiss Notizbücher"/ ein elektronisches Editionsprojekt an der FU-Berlin ist abgeschlossen.
Leitung: Prof. Dr. Jürgen Schutte, Mitarbeiterinnen: Wiebke Amthor, Jenny Willner, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Von Mitte 1962 bis zu seinem Tod im Mai 1982 notierte Peter Weiss regelmäßig Bemerkungen zur Zeit, zu seinem Leben und seiner Arbeit. Im literarischen Nachlass des Autors, der im Peter-Weiss-Archiv der Akademie der Künste für die Forschung zugänglich ist, bilden die Notizbücher ein Konvolut von 71 Einheiten mit zusammen 9.432 Seiten handschriftlicher Eintragungen in deutscher, teilweise schwedischer und gelegentlich englischer Sprache, mit zahlreichen Skizzen und späteren Bearbeitungsspuren. Die handschriftlichen Notizbücher sind ein spontan und ohne Veröffentlichungsabsicht entstandenes Zeugnis ihrer Entstehungszeit.
Sie sind für die Forschung rezipierbar und systematisch benutzbar gemacht worden, wobei das Vorhaben nicht auf die Erarbeitung einer Buchausgabe zielte, sondern eine "Computer-Edition" auf CD-ROM erstellte. Das elektronische Medium ermöglicht eine umfassende, komfortable Nutzung der Notizbücher durch Hyperlinks, Volltextsuche mit Fundstellen-Listen, textkritische Anmerkungen, beigefügte Faksimiles u.a.m.
DFG-Forschungsprojekt "Peter Weiss: Notizbücher"

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Leipzig liest Sachbuchforum Halle 2, Stand K205

23. März 2007, 14:45 - 15:30 Uhr
„Abschied“ – Von den Eltern, von der Jugend.
Das Buch von Sabine Peters im Kontext des Werks von Peter Weiss
Lesung und Gespräch mit Sabine Peters, Trägerin des Evangelischen Buchpreises, und Dr. Christa Grimm.
„Abschied“ Wallstein, 2003, ISBN 3892447055, € 18,00. / Berliner Taschenbuchverlag, 2005, ISBN 9783833301643. In der Messebuchhandlung erhältlich.

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Peter-Weiss-Tag des WDR

Am Sonntag, 11. Februar 2007 veranstaltete WDR 3 von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr einen Peter-Weiss-Tag.

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Zum 90. Geburtstag von Peter Weiss im Jahr 2006

Peter Weiss-Veranstaltungen in Stockholm, 2006/07

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AUSSTELLUNG IM MUSEUM BOCHUM

Ausstellung: Fluchtpunkt Paris. Peter Weiss und die Avantgarde.
11. November 2006 bis 14. Januar 2007
im Museum Bochum

11. November 2006 bis 14. Januar 2007
»Fluchtpunkt Paris. Peter Weiss und die Avantgarde«

Die im Wesentlichen von Günter Schütz organisierte Ausstellung zeigt zwischen dem 11. November 2006 und Anfang Januar 2007 Original-Werke französischer Künstler der 1950er und 60er Jahre. Ziel ist es die Bedeutung der Pariser Kunst jener Jahre für die Avantgardekunstbewegung in Zentraleuropa zu zeigen. Perspektiviert wird der Blick durch die Begegnung des deutsch-schwedischen Künstlers Peter Weiss mit der Nachkriegs-Kunstszene in Frankreich. Der historische Blick auf die letzten Jahrzehnte, in denen Paris als Kunsthauptstadt der Welt galt, öffnet den Blick auf die Keimzelle dessen, was wir als kulturelle Identität Europas neu zu definieren aufgerufen sind. Zentrale Positionen des kulturellen Selbstverständnisses Europas sind in der Nachkriegszeit in dem Pariser »Laboratorium der Moderne« formuliert worden, als die französische Hauptstadt sowohl zentrales Museum dessen, was einst war, als auch Brutstätte des Neuen war.
Erstmals wird Paris als Hauptstadt der Moderne nicht sui generis im Spiegel der klassischen Avantgarde gezeigt, sondern im Spiegel der Wirkung vielfach unterschätzter und inzwischen nicht mehr selbstverständlich bekannter Nachkriegs-Avantgardisten wie Gherasim Luca, Wifredo Lam, Micheline Catty, Matta, Daniel Spoerri, Victor Brauner, Robert Filliou, Gilles Ehrmann, Jean Tinguely oder Jean Bazaine. Gemälde, Zeichnungen, Gouachen, Fotografien und wenige Skulpturen, deren Begegnung in Werken von Peter Weiss oder Christer Strömholm Spuren hinterlassen haben, werden einander und ihrer zentraleuropäischen Rezeption konfrontiert und erlauben den Besuchern die Rekonstruktion des kulturellen Horizonts der Zeit.
Bei dem Kolloquium zur Ausstellung sprachen die Literaturwissenschaftler und Frankreichkenner Karl-Heinz Götze (Aix-en-Provence), Isabelle Berruer (Orléans) und Günter Schütz (Paris).

SZENISCHE LESUNG
"Peter Weiss. Aus dem Pariser Journal"
Szenische Lesung mit Stefan M. H. Weiss
14. Januar 2007, 19:30 Uhr im Museum Bochum
Dramaturgie: Anja Brunsbach
Bildprojektionen: Ruth Klütsch