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Hinweise 2020

Der Chronist der „Weltkomödie“ und seine Beziehungen zu Peter Weiss

In memoriam Christoph Meckel

Wie Peter Weiss hat auch Christoph Meckel sowohl als Autor wie auch als bildender Künstler gearbeitet. Beide kannten und schätzten sich. Während aber Weiss nach seiner Phase als Bildkünstler nicht mehr schrieb, hat Meckel beides stets parallel betrieben.

In meiner Zeit als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Iserlohn hatte ich die Chance, eine Ausstellung zu Meckels „Weltkomödie“ zeigen zu können.  Im Zentrum stand seine Radierung „Der kranke Engel“ von 1985. Eine Hommage an den bekannten finnischen Maler Hugo Simberg und dessen Gemälde „Der verwundete Engel“ von 1903, das in Finnland zum nationalen Identifikationsbild wurde.  Im Gespräch verwies Meckel auf freundlich-heitere Weise darauf, dass er sich selbst stark mit beiden Bildern identifiziere, gab aber ähnlich wie Simberg keine Hinweise zur Interpretation. Aus seinem umfangreichen Werk als Autor und bildender Künstler kann man aber schließen, dass sein Engel als Symbol für die Gefährdung dieser Welt und der Menschen angesehen werden kann. Im Zeichen der aktuellen Corona-Krise drängen sich dazu besonders viele Assoziationen auf.

Sein Hauptwerk „Weltkomödie“ begann Meckel 1957 und schloss es 2011 mit ca. 2000 Zeichnungen, publiziert in zwei Bänden, ab. Schon der Titel und der  Einsatz surrealistischer Elemente erinnern an das Projekt des „Großen Welttheaters“ von Peter Weiss. Meckel beschrieb seine Position zu diesem Werk u.a. in seinem „Bericht zur Entstehung einer Weltkomödie“ mit den Worten: „Ich zeichne den Himmel des 20. Jahrhunderts. Er ist ein zerstörter Raum, ein technischer Limbo [Ort der Vorhölle], Schauplatz von Macht und Zerstörung aller Art, Kloake des Erdballs. Abgas, Giftwolke, Schliere und Qualm. Rakete, Flugkörper, Bombe und Explosion. Aber die Weite und der große Wind, Weltlicht, worin meine Jugend für immer reich war. Raumjubel, Licht, Revolte des Lebensgefühls.“ (S. 113/114)

Meckel hat zumeist von seiner Geburtsstadt Berlin aus das Chaos und die Politik dieser Welt erfahren. 1957, das Jahr des Beginns der Arbeit an der Weltkomödie, war das Jahr, in dem u.a. die Anerkennung der DDR durch Jugoslawien die BRD dazu veranlasste, die diplomatischen Beziehungen zu Jugoslawien abzubrechen. Die Teilung der Welt, der Kalte Krieg, ließen sich – so schreibt Meckel – am schärfsten von Berlin aus beobachten, wo die östliche und westliche Perspektive der Weltwahrnehmung ständig präsent war.

Meckel erkennt schon von Berlin aus das Dilemma der Dritten Welt, die scheinbare Befreiung im Prozess der Dekolonialisierung und die umso heftigere Inbesitznahme dieser Welt durch die neuen Formen des Welthandels. Später erfährt er diese Phänomene vor Ort, reist durch Afrika, Asien, Lateinamerika und Australien, beobachtet die tiefen Einschnitte in die Ursprünglichkeit der Schöpfung. Im Gegensatz zu Peter Weiss setzt er sich dabei dem Alltag der Menschen dort aus und verzichtet in seinen schriftstellerischen Zeugnissen auf parteipolitische Positionen.

Zu den weiteren Gemeinsamkeiten der beiden Autoren gehört die tiefgreifende Auseinandersetzung mit ihren Eltern. Meckel hat seinen „Abschied von den Eltern“ in zwei bemerkenswerten Publikationen geleistet. „Suchbild. Über meinen Vater“ (1980) und „Suchbild: meine Mutter“ (2002). Es ging um die Rolle des Vaters im Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit, um die Kälte der Mutter in den familiären Beziehungen.

Auch privat haben die beiden sich gekannt und geschätzt. Weiss war zu Gast in Meckels Domizil in Rémuzat/Drôme im ländlichen Südfrankreich und suchte von dort aus kurz vor seinem Tod im Jahr 1982 eine Wohnung in Berlin. Nun ist Christoph Meckel am 29. Januar 2020 in Freiburg i.B., wo er als Jugendlicher gelebt hat, gestorben.

Rüdiger Sareika

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Ein Leben in Frohburg

Nachruf auf Guntram Vesper (1941-2020)

Im Frühjahr 2016 wurde der Leipziger Buchpreis überraschenderweise dem tausendseitigen Roman „Frohburg“ von Guntram Vesper zugesprochen. Mit ihm tauchte ein Autor aus der Versenkung auf, der in diesem Werk nochmals seine drei gewichtigen Lebensfragen stellte: In welcher Welt leben wir? Was wollen wir? Wer sind wir?

Guntram Vesper hatte sie, ohne Fragezeichen, schon 37 Jahre zuvor im Erzählband „Nördlich der Liebe und südlich des Hasses“ formuliert – und seither immer wieder in allen möglichen Formen variiert. In diesen drei Fragen steckt der Stoff für sein vielteiliges Werk, das Gedichte, Prosa und Hörspiele umfasst, und das sich, wie schon das 1980 erschienene Gedicht „Frohburg“ (im Band „Die Illusion des Unglücks“), im gleichnamigen Städtchen abspielt. Frohburg ist für Guntram Vesper Geburtsort, poetischer Kristallisationspunkt und historisch-soziales Universum in einem.

Seinen drei Fragen ist er zeitlebens mit bewundernswerter Hartnäckigkeit nachgegangen. Immer wieder geht es ihm darum: “Wissen wollen, wer man ist. Es sagen wollen.“ Dafür ist er hinabgestiegen in die geheimen Geschichten und in die verdrängte Geschichte, denn gerade diese sind es, notierte er einmal, „was entdeckt und ans Licht gehoben werden muss, wenn wir wissen wollen, wer wir sind”.

Das abschließende Opus magnum „Frohburg“ bündelt, vergleichbar der „Ästhetik des Widerstands“ von Peter Weiss, alle diese Lebensfragen in einer letzten großen Erzählung und verknüpft sie in einer Textur des unendlichen Verzweigens und Verflechtens. Der Ort Frohburg faltet sich zu einem Erzählkosmos aus, der mehrere Kristallisationskerne und „Verwüstungszonen“ umfasst, in denen sich die Welt als Großes und Ganzes wiederfindet. Mit einer Fabulierlust, die kein Innehalten und Atemholen kennt, entwirft Vesper ein breites Simultanbild, in dem sich die Sphäre der Politik und der dörfliche Tratsch munter miteinander verquicken. Er berichtet Anekdoten aus der eigenen Familiengeschichte, in der sich die periodischen Verwerfungen und Umbrüche spiegeln. Die Bewohner Frohburgs überstanden, sich wandelnd und wendend, alle historischen Umwälzungen – oder sie verschwanden in Bautzen und im Ausland, je nachdem. Es geht immer ums Überstehen, um Flucht und Vertreibung. Die Grenzen zwischen braun und rot wurden streng gezogen und blieben zugleich höchst diffus. Manch einer machte zweimal Karriere, während andere unbescholten in Haft kamen. Schuld oder Unschuld – wer wusste schon, was wann Gültigkeit besaß. Alles hängt in diesem Erzählwerk mit allem zusammen, was es nicht leicht macht, wie der Erzähler seinem Vater in den Mund legt, „aus dem unendlich breiten Strom der Ereignisse Einzelnes herauszulösen und mit Worten nachzuzeichnen und weiterzugeben“, denn „das ist kinderleicht nur dann, wenn man zu kurz zielt“. Guntram Vesper aber zielt ins Weite, wenn er den eng verwobenen Knäuel von Gehörtem und Erlebtem entwirrt und dabei immer wieder listig der Gefahr entgeht, „den Faden zu verlieren“.

Der Vergleich mit der „Ästhetik des Widerstands“ ist bereits angeklungen. Wie Peter Weiss bändigt auch Guntram Vesper sein sich verästelndes Erzählgefüge in einer kompakten Struktur, die sich formal in seitenlangen, absatzlosen Textblöcken ausdrückt. Auch „Frohburg“ beleuchtet die Konflikte zwischen Individuum und Gesellschaft mit Blick auf Widerstand und Befreiung. Allerdings erzählt Guntram Vesper farbiger, quirliger als Weiss. Sein Versuch, die Totalität prosaisch zu fassen, folgt weniger einer dialektischen Erzählstruktur in die Tiefe (wie bei Weiss) als der unbändigen Lust an Einzelheiten, Verstrickungen und Anekdoten. Gemeinsam ist beiden Autoren freilich die Anforderung, die sie an ihre Leser und Leserinnen stellen. Der erzählerische Reichtum ließe eine gestaffelte Lektüre angenehm erscheinen, doch diesem Wunsch widerstreben die formale Strenge und der komplexe Stoff ihrer Werke. Wer immer sich in eines von beiden vertieft, hat für sich diesen Widerspruch zu lösen. Das ist der Preis für eine Literatur, die in sich ruht und nicht voreilig auf ihr Lesepublikum schielt. Solches Beharrungsvermögen beweisen Peter Weiss wie Guntram Vesper, sie hinterlassen damit zwei der erstaunlichsten Werke der deutschen Gegenwartsliteratur.

In seinem Gedicht „Geronimo“ im erwähnten Band „Die Illusion des Unglücks“ heißt es abschließend:

„Nur die restlos reinen Gefühle

hinterlassen

keine Erinnerung.“

Möge uns Guntram Vesper mit seinen Werken im Gedächtnis bleiben.

Beat Mazenauer

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„Die Ermittlung“ von Peter Weiss in Recklinghausen, Herne und Bochum

„Alles in allem hat Die Ermittlung von Peter Weiss jedenfalls schon 1965 eine zeithistorische und mentalitätsgeschichtliche Zäsur von größter Bedeutung gesetzt. Der Vorhang des Schweigens, der noch so dicht über den 1950er Jahren gelegen hatte, war endgültig zerrissen.“ (Jochen Vogt)

Bei der Inszenierung des 1965 uraufgeführten Dokumentarstücks Die Ermittlung von Peter Weiss durch Theater Gegendruck stehen Bürgerinnen und Bürger aus Recklinghausen und Umgebung gemeinsam mit Ensemble-Mitgliedern des freien Theaters Gegendruck in der Regie von Johannes Thorbecke auf der Bühne.

Ausgangspunkt der Ermittlung ist der Frankfurter Auschwitz-Prozess, in dem von 1963 bis 1965 die Verbrechen im Vernichtungs-Lager Auschwitz erstmals vor einem westdeutschen Gericht verhandelt wurden.

Die Ermittlung gibt Zeugnis vom faschistischen Völkermord, der in Auschwitz geschehen ist. In seinem „Oratorium in 11 Gesängen“ schildert der Autor den Alltag des Lagers und die Schauplätze des Verbrechens und begleitet die Häftlinge von ihrer Ankunft an der Rampe bis zu den Orten ihrer Vernichtung. Den Zeugnissen der Überlebenden stehen die Aussagen der Täter gegenüber, die jede Mitschuld an den Verbrechen leugnen.

Der Autor erinnert an die Planer und Profiteure des faschistischen Massenmords und appelliert mit seinem Stück an die Verantwortung der Gesellschaft, eine Wiederholung der Geschehnisse zu verhindern.

Samstag, 26.9.2020, 19.30 Uhr, Atelierhaus Recklinghausen
ERMITTLUNGEN. Dokumentartheater heute
Ein Abend mit Nuran David Calis
Königstraße 49a, 45663 Recklinghausen
Eintritt: 8.-/5.-(erm.)
VVK: Online: www.vhs-recklinghausen.de; tel.: 02361/50-2000

Samstag, 24.10.2020, 19.30 Uhr, Ruhrfestspielhaus/Hinterbühne
Recklinghausen
Die Ermittlung von Peter Weiss (Premiere)
Eine Produktion von Theater Gegendruck
Otto-Burrmeister-Allee 1, 45657 Recklinghausen
Eintritt: 8.-/5.- (erm.)
VVK: RZ-Ticket-Center; www.kultur-kommt-ticket.de

Sonntag, 8.11.2020, 17.00 Uhr, Künstlerzeche Unser Fritz Herne
Die Ermittlung von Peter Weiss
Eine Produktion von Theater Gegendruck
Zur Künstlerzeche 10, 44653 Herne
Eintritt: 12.-/8.-(erm.)
VVK/Reservierungen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Sonntag, 22.11.2020, 18.00 Uhr, Kunstmuseum Bochum
Die Ermittlung von Peter Weiss
Eine Produktion von Theater Gegendruck
Kortumstraße 147, 44787 Bochum
Eintritt: 12.-/8.-(erm.)
Telefonische Reservierung unter: 0234/910 4230 während der Öffnungszeiten des Museums

Nähere Informationen zu diesen und weiteren Veranstaltungen des Theaters Gegendruck (Faltblatt)

Medienberichte

Information – Theater Gegendruck teilt mit

Aufgrund der Coronaschutz-Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.20 müssen wir leider unsere für November 2020 in Herne und Bochum geplanten Gastspiele der Produktion DIE ERMITTLUNG von Peter Weiss absagen.
Ebenso müssen die im Rahmen des Projekts ERMITTLUNGEN für November 2020 geplanten Veranstaltungen ausfallen.

Wir hoffen, schon bald wieder mit unserem Publikum in Austausch und künstlerische Auseinandersetzung treten zu können.

Mit den besten Wünschen für Ihre/Eure Gesundheit
Ihr Theater Gegendruck

https://theater-gegendruck.de/

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„There’s No Such Thing as Solid Ground“

Otobong Nkanga, 2019 mit dem Peter-Weiss-Preises der Stadt Bochum ausgezeichnet, gibt nun im Gropius Bau, Berlin, bis zum 13.12.2020 einen Einblick in ihre Arbeit unter dem Titel „There’s No Such Thing as Solid Ground“.

In der Süddeutschen Zeitung schreibt dazu Till Briegleb: „[…] die skulpturale Erscheinung ihrer Arbeiten [ist] oft weniger eindrücklich als der intellektuelle Kontext, der erst durch Zusatzinformationen erkennbar wird. […] Die klugen Beziehungen, die sie zwischen Kompositionen, Materialien und fundierter Kritik an den Auswüchsen von Gier, Egoismus herstellt, machen ihre Arbeit aber zu einem der interessantesten Ansätze intellektueller Kunst in einer Welt, die täglich mehr nach Luft ringt.“ (SZ Nr. 162, Do., 16.7.2020, S. 11)

R. S.

Nähere Informationen

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Die Ausstellung „Nach Norden. Deutsche Künstlerinnen und Künstler im skandinavischen Exil“ in Haus Opherdicke im Kreis Unna/Dortmund bis zum 7.2.2021 verlängert

Peter Weiss ist mit dem Ölgemälde „Die Kartenlegerin“ von 1944 in dieser Präsentation von Werken aus der Sammlung von Thomas B. Schumann prominent vertreten.

1944 in Schweden entstanden, symbolisiert die Arbeit von Peter Weiss eine Zeit des Umbruchs sowohl in der persönlichen Entwicklung als Maler als auch für die Zeit im Exil. In dem informativen Katalog beschreibt Sepp Hiekisch-Picard vom Museum Bochum das Bild als beispielhaft für eine neue Epoche im Malstil von Weiss, in der er vom detailreichen, altmeisterlichen Stil hin zu großflächigeren Kompositionen und einer aufgehellten Palette findet.

Von besonderem Interesse ist auch das im Katalog erläuterte Projekt des Leihgebers, Thomas B. Schumann, seine bisher rund 800 Bilder umfassende Sammlung von Künstler*innen im Exil in einem eigenen Museum zusammenzuführen. Die Arbeiten von Peter Weiss sind ihm dafür von besonderem Interesse.

Rüdiger Sareika

kreis-unna.de

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Schauspiel Frankfurt öffnet wieder – u. a. mit Weiss

Drei Monate nach der Schließung öffnet das Schauspiel Frankfurt am 13. Juni 2020 wieder seine Türen und zeigt jeweils an den Wochenenden 11 ausgewählte Vorstellungen, die den Hygiene- und Sicherheitsverordnungen entsprechen, darunter am 27. Juni 2020 „Abschied von den Eltern“ von Peter Weiss. Die Anzahl der Plätze ist auf 25 begrenzt.

frankfurt-live.com

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„Abschied von den Eltern“ online auf Flimmit & Kino VOD CLUB

Der Stadtkino Filmverleih macht auf den Streaming-Plattformen Flimmit und Kino VOD CLUB aktuelle preisgekrönte Dokumentarfilme und Highlights europäischer Filmfestivals für alle online zugänglich. Seit 1. Mai 2020 online verfügbar ist ABSCHIED VON DEN ELTERN von Astrid J. Ofner nach der gleichnamigen autobiografischen Erzählung von Peter Weiss.

Alle Filme zu sehen auf stadtkinowien.vodclub.online und www.flimmit.com

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Mit Raimund Fellinger starb der Lektor, der über lange Zeit das Werk von Peter Weiss betreute

Mit großer Betroffenheit haben wir vom Tod Raimund Fellingers erfahren, mit dem uns seit der Gründung der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft im Jahr 1989 eine enge Zusammenarbeit verband.

Gerade im 75. Jahr nach der Befreiung von Auschwitz erinnern wir uns an Raimund Fellingers Wertschätzung des Autors Peter Weiss, die er 2016 in die Worte fasste: „Die gesamten Anstrengungen, Auseinandersetzungen, Kämpfe, die Peter Weiss mit sich, den Zeitgenossen wie den (literarischen und politischen) Traditionen geführt hat, dienten allein dem Ziel, nicht vor der Barbarei in die Knie zu gehen, gegen Auschwitz anzuschreiben, anzudenken.“

Wir haben Raimund Fellinger als einen homme de lettre erlebt, der es sich ebenfalls zum Ziel gesetzt hatte, nicht vor der Barbarei in die Knie zu gehen. In diesem Sinne werden wir weiterhin gern seiner gedenken.

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Mittwoch:Theater: „Der Process“ nach Franz Kafka

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet.“ Mit diesem verstörenden Satz beginnt Franz Kafkas einflussreichstes Werk „Der Process“. Welches Verbrechen wird Joseph K. zur Last gelegt? Wodurch ist er schuldig geworden? Auf der Suche nach einer Antwort begleiten wir Joseph K. und geraten während dieses Kampfes gegen die namenlose Instanz, das Gericht, immer tiefer in ein wirres, ganz und gar auswegloses Labyrinth von Abgründen. „Der Process“ fesselt; ist Weltliteratur und bleibt es wohl auf ewig.

„Der Process“ von Peter Weiss nach Franz Kafka. Mittwoch:Theater, Am Lindener Berge 38, 30449 Hannover, Premiere: 25. April 2020, 19.30 Uhr - aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Bis auf weiteres finden keine Vorstellungen statt.

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Das Deutsche Theater streamt „Marat/Sade“

Das Deutsche Theater in Berlin zeigt Inszenierungen in voller Länge als Videostream, Einführungen sowie weitere Webformate, die derzeit vorbereitet werden. Das Angebot wechselt jede Woche. Gestreamt werden DT-Klassiker als Video-on-Demand jeweils am Dienstag und Donnerstag ab 18 Uhr bis 12 Uhr am darauffolgenden Tag.

Am 14. April 2020 um 18.00 Uhr wird "Marat/Sade" in der Regie Stefan Puchers gezeigt.

Zu welchen Extremen sich der Individualismus entwickelt und wie radikal sich damit die Frage der gesellschaftlichen, politischen und religiösen Zugehörigkeit stellt, hatte Peter Weiss als 1965 sein Stück Marat/Sade uraufgeführt wurde, kaum ahnen können. Doch nicht nur das Spannungsfeld zwischen Individualismus und politischer Bewegung beschäftigt ihn, auch das Verhältnis zur Gewalt. Sein Marquis de Sade, Namenspatron des "Sadismus", tut sich mit der realen Anwendung von Gewalt schwerer als der Ideologe Jean Paul Marat, Wortführer der französischen Revolution. Das Spektrum der Gewaltformen umfasst dabei nicht nur Staatsterrorismus, Säuberungen, Kriege und Folter, sondern auch die Gewalt der Straße. Was zu der vielleicht aktuellsten Frage führt, die Peter Weiss, der am 8. November 2016 hundert Jahre alt geworden wäre, mit seinem Stück stellt: Wer ist das Volk? Welches Maß an Mündigkeit ist ihm zuzutrauen, welche Gefahren der Manipulation und des Rückfalls in Barbarei bestehen? Und in welchem Dilemma zwischen Fortschritt und Rückschritt steht damit die Demokratie?

DT Heimspiel

Berliner Abendblatt, 8. April 2020   
Stuttgarter Nachrichten, 9. April 2020

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60-Jahr-Feier des Kunstmuseums Bochum verschoben

Am 4./5. April 2020 hatte das Kunstmuseum Bochum sein 60-jähriges Bestehen feiern wollen. In diesem Zusammenhang hatte auch die Eröffnung der ständigen Präsentation der eigenen Sammlung in der historischen Villa Marckhoff neben dem „Neubau“ am Stadtpark Bochum aus dem Jahr 1983 erfolgen sollen. Zu den Arbeiten, die die Sammlung des Museums prägen und die in der Villa Marckhoff gezeigt werden sollen, zählen Peter Weiss im historischen Teil, Arbeiten zum Spanischen Bürgerkrieg und Werke von Künstlern aus Ost- und Mitteleuropa, die das Museum schon früh gesammelt hat. Wie so viele Veranstaltungen in diesen Tagen hat die Corona-Pandemie nun auch die Museums-Eröffnung unmöglich gemacht.

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Kroesinger inszeniert „Die Ermittlung 2020“ an der Volksbühne Berlin

An der Volksbühne Berlin unter Intendant Klaus Dörr werden in der kommenden Saison unter anderem Kay Voges („Right Here – Right Now“), Claudia Bauer („Germania“ nach Heiner Müller), David Marton („Howl“ nach Allen Ginsberg), Stefan Pucher („Legende“ nach Ronald M. Schernikau) sowie Hans-Werner Kroesinger inszenieren („Die Ermittlung 2020“ von Peter Weiss).

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Medienberichte

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Verwobenheit als Kern des Schreibens

Wie sich deutsche Schriftsteller nach 1945 mit Schuld und Schulddiskursen auseinandersetzten
 
Neben Liebe und Tod gehört Schuld zu den zentralen Großthemen der Literatur, die seit jeher Anlass für Erzählungen geben. Bereits ein flüchtiger Blick auf den Kanon westlicher Literaturtradition legt die Vermutung nahe, dass begangenes oder erlittenes Unrecht künstlerische Kreativität in besonderem Maße anregt, ja, das Erzählen geradezu notwendig werden lässt.
 
 
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Nach Norden. Deutsche Künstlerinnen und Künstler im skandinavischen Exil
 

Werke aus der Sammlung Memoria Thomas B. Schumann und von Ann Böttcher (SE)

Ausstellung zu deutschen Künstlerinnen und Künstlern im skandinavischen Exil

Ernst Martin Benedikt, Otto Ehrich, Erwin Graumann, Eric Johansson, Bruno Krauskopf, Lotte Laserstein, Helga Leiser-Fejne, Rudi Lesser, Rolf Nesch, Hilde Rubinstein, Hugo Steiner-Prag, Hans Tombrock, Peter Weiss, Paul Wieghardt und Ann Böttcher (SE)

Unter den präsentierten Werken befindet sich auch das Bild „Die Kartenleserin“ von Peter Weiss.

Museum Haus Opherdicke, Kreis Unna, Dorfstraße 29, 59439 Holzwickede

Ausstellungseröffnung am Sonntag, 8. März 2020, 11.30 Uhr auf Haus Opherdicke

Öffnungszeiten Museum Di – So 10.30 – 17.30 Uhr, nähere Informationen

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Peter Weiss und das Kino

Sonntag, 23. Februar 2020, 14.00 Uhr
Stadtkino im Künstlerhaus, I., Akademiestr. 13, Wien

Verfilmung: Abschied von den Eltern
Nach der gleichnamigen Erzählung von Peter Weiss.
Regie: Astrid Johanna Ofner

anschließend Gespräch Über das Biografische
Astrid Johanna Ofner, Peter Henisch
Katja Gasser, Moderation

Astrid Johanna Ofner, *1968 in Linz, Filmstudium in Paris, Wien und Berlin. Jüngste Filme: Sag es mir Dienstag (26 Min, 2007); Die Strände (10 Min, 2019).
Peter Henisch, *1943 in Wien, Schriftsteller und Musiker. Gedichtbände, Erzählungen, Essays, Hörspiele, Filmdrehbücher, Liedtexte; jüngste Bücher: Suchbild mit Katze. Roman (2016); Siebeneinhalb Leben. Roman (2018); Das ist mein Fenster. Fast alle Gedichte und Songs (2018).
Katja Gasser, siehe 10.2.

ab 16.00 Uhr: Autorenfilm: Peter Weiss. Filme
Programm auf www.stadtkinowien.at

Montag, 24. Februar 2020, 19.00 Uhr
Alte Schmiede, I., Schönlaterngasse 9, Wien

Peter Weiss: Nachleben
Gespräch: Kathrin Röggla, Birgit Müller-Wieland
Günther Stocker, Moderation

Peter Weiss’ Abschied von den Eltern (1961), diese Begehung sowohl der eigenen Familiengeschichte als auch des zeitgenössischen konservativen Bürgertums, inspiriert auch über fünfzig Jahre nach seiner Veröffentlichung KünstlerInnen zur Auseinandersetzung – so adaptierte Astrid Johanna Ofner Weiss’ Erzählung filmisch (2017) – siehe 23.2., Stadtkino. Anlass, nach der Weiss-Rezeption auch unter zeitgenössischen AutorInnen zu fragen: Von Weiss’ avantgardistischer Prosa (Im Schatten des Körpers des Kutschers) über die politischen Dramen (Viet Nam Diskurs, Die Ermittlung, Marat/Sade) bis zur Begehung des Widerstands der Arbeiterbewegung gegen den Faschismus (Die Ästhetik des Widerstands) – welche dieser thematisch und ästhetisch facettenreichen Arbeiten dienen heute als Bezugspunkte für schriftstellerische Arbeit?

Kathrin Röggla, *1971 in Salzburg, österreichische Schriftstellerin, die Prosa, Hörspiele und Theatertexte schreibt
Birgit Müller-Wieland, *1962 in Schwanenstadt, Autorin von Romanen, Erzählungen, Gedichten, Hörspielen, Libretti; u.a. Reinhard-Priessnitz-Preis 2002; jüngst der für den Deutschen Buchpreis nominierte Roman Flugschnee (2017). Promovierte mit einer Arbeit über Peter Weiss.
Günther Stocker, *1966 in Salzburg, seit 2011 Professor am Institut für Germanistik der Universität Wien. Zuletzt publiziert: Diskurse des Kalten Krieges. Eine andere österreichische Nachkriegsliteratur (mit Stefan Maurer und Doris Neumann-Rieser, 2017).

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„West-östliche Variationen“. Vortrag bei einem Erfurter Kolloquium

Am 5. Februar 2020 trug Prof. Dr. Michael Hofmann, Universität Paderborn, bei dem Kolloquium „Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der Erinnerungskultur der beiden deutschen Staaten“, das aus Anlass des Jahrestags der Hinrichtung des Widerstandskämpfers Theodor Neubauer am 5. Februar 1945 durch das Historische Seminar der Universität Erfurt ausgerichtet wurde, in der Kleinen Synagoge Erfurt über das Thema „West-östliche Variationen. Die Rezeption von Peter Weiss’ Ästhetik des Widerstands (1975–1981) in der BRD und in der DDR“ vor. 

Nähere Informationen

Foliensatz „West-östliche Variationen“

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Veranstaltungen zum Holocaustgedenktag 2020

Im Januar 2020 wurden anlässlich des Holocaustgedenktags bei mehreren Veranstaltungen in deutschen Städten Ausschnitte aus Peter Weiss' Auschwitz-Oratorium "Die Ermittlung" vorgetragen, darunter in Celle und Mannheim. 

Medienberichte

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„Hölderlin“ an der Württembergischen Landesbühne Esslingen

Im einhundertsten Jahr ihres Bestehens wird an der Württembergischen Landesbühne Esslingen Peter Weiss’ Stück „Hölderlin“, das 1971 am Stuttgarter Staatstheater uraufgeführt wurde, inszeniert. Bei der Vorstellung des Programms für die Spielzeit 2019/2020 erläuterte Ko-Intendant Friedrich Schirmer im Mai 2019, Weiss’ Stück stelle „die Frage nach der Verantwortung der Intellektuellen in schwierigen Zeiten“. Regisseur Klaus Hemmerle und das Ensemble werden das Stück ab dem 16. Januar 2020 im Schauspielhaus Esslingen zeigen.

Ein Interview mit Regisseur Klaus Hemmerle zur Hölderlin-Inszenierung enthält Ausgabe 50 der „Notizblätter“ der IPWG.

Nähere Informationen (Website der WLB)

Besprechungen